in Goddelau (Hessen). Georg Büchner wird
als erstes Kind des Arztes Ernst Karl Büchner geboren.
Er wird von seiner Mutter Louise Caroline bis zu seinem neunten
Lebensjahr zu Hause unterrichtet.
1816
Umzug der Familie nach Darmstadt
bis 1834
Studium der Medizin: zuerst in Darmstadt, dann
in Straßburg, schließlich in Gießen
März 1834
Gründung der "Gesellschaft für
Menschenrechte": Kritik an der Ständegesellschaft,
dem Nationalismus und der aristokratischen Hierarchie
Juli 1834
Erscheinung des "Hessischen Landboten":
politisches Flugblatt, in dem Büchner zur Revolution gegen
die Obrigkeit ausruft
März 1835
Flucht nach Straßburg wegen politischer
Aktivitäten
1835 - 1836
Schöpferisch die wichtigste Zeit:
Entstehung naturwissenschaftlicher, philosophischer und literarischer
Arbeiten:
- Untersuchung über das Nervensystem der Barben (Fische)
- Beschäftigung mit den Philosophen Descartes und Spinoza
- Beginn der Arbeit an dem Drama "Dantons
Tod", der Novelle "Lenz"
und der Komödie Leonce und Lena"
Promotion an der philosophischen Fakultät
an der Universität in Zürich
19. Februar 1837
Tod Büchners im Alter von 23 Jahren
Familie
Georg Büchner wird am 17.10.1813 in Goddelau
im Großherzogtum Hessen geboren. Das Dorf ist unmittelbar
am Rhein gelegen und besteht aus ein paar Dutzend Häusern.
Die Einwohner betreiben Viehzucht, Georgs Vater, Ernst Büchner,
ist Arzt und Hospitalchirurg. Durch das für die damalige Zeit
hohe Gehalt ist das Auskommen der Familie gesichert. Der Vater ist
ein Mann mit wenig Phantasie und vielen Prinzipien. Seine Vorfahren,
allesamt Ärzte, repräsentieren den Geist des durch Fleiß
und Rechtschaffenheit zu Ansehen gekommenen Bürgertums. In
der Rolle als Familienvater wird er als ein charaktervoller und
pflichtbewusster Mann, der mit starrer Festigkeit seine Ansichten
behauptet, beschrieben.
Dagegen wird die Mutter, Caroline Reuß, als ein liebenswürdiger
Engel bezeichnet. Als Tochter eines Verwaltungsdirektors hat sie
eine ausgezeichnete Erziehung genossen und verfügt über
einen Sinn für Religion und Poesie.
Die harmonische Ehe begründet sich auf gegenseitigen Respekt.
Innerhalb der Jahre 1814 und 1827 werden dem Ehepaar 8
Kinder geboren, wobei 2 nach der Geburt sterben.
Bemerkenswert an der Familie Büchner war, dass Probleme offen
angesprochen wurden, was als ein wichtiger Aspekt für die Entwicklung
Georg Büchners gilt. Sein Gespür für die Wissenschaft
ist auf seinen Vater zurückzuführen. Beiden Eltern ist
es zu verdanken, dass die Kinder ein ungewöhnliches Maß
an sozialer Kompetenz, Moralvorstellungen und Sensibilität
erwerben, die sie bis ins Erwachsenenalter prägen werden.
Schulzeit
Im Herbst 1821 kam Georg in die private Erziehungs-
und Unterrichtsanstalt, in der ihm Kenntnisse in Latein, Griechisch,
Geometrie, Geschichte und Naturleben vermittelt wurden. Die Schule
fand an sechs Werktagen von 7 bis 16 Uhr statt.
Ab dem zwölften Lebensjahr besuchte er dann das Großherzögliche
Gymnasium in Darmstadt, wo er in Geologie, Archäologie, Mythologie,
Farbenlehre sowie in Philosophie als auch in Militärwesen unterrichtet
wurde. In seinen Leistungen war er eher mittelmäßig.
Dies lag unter anderem an seiner Skepsis, mit der er die Lerninhalte
kritisch "einschränkte".
Georg sowie seine Mitschüler spüren deutlich den Unterschied
zwischen dem, was ihnen in der Schule vermittelt wird und dem, was
in der Realität geschieht. Sie lernen noch Helden und Freiheitsideale
kennen, welche im deutlichen Gegensatz zum Feudalismus des Herzogtums
stehen.
Zahlreiche Klassenkameraden werden später, wie Büchner
selbst, wegen "Teilnahme an staatsverräterischen Handlungen"
und "revolutionären Umtrieben" in gerichtliche Untersuchungen
einbezogen.
Am 29. September 1830 hielt Büchner bei einer öffentlichen
Schulfeier eine Rede zur Verteidigung des Cato
von Utica, welcher ein Idol des jungen Büchner
war.
Im März 1831 endet seine Schulzeit.
Leben in Straßburg
Im November 1831 zieht Büchner nach Straßburg
um, wo er sich für den Studiengang Medizin immatrikuliert.
Im Frühjahr 1832 verlobt er sich heimlich mit der Tochter seines
Vermieters, Minna (Wilhelmine) Jaeglé. Sie ist eine gebildete
Frau, die ihn mit ihren geistigen und körperlichen Reizen anspricht.
Bei ihr erhält er göttliche Unbefangenheit und innere
Glückseligkeit.
Sein Leben in Straßburg unterscheidet sich nicht nur kulturell,
sondern auch politisch von dem in Darmstadt. In Frankreich herrscht
der Bürgerkönig Louis Philippe, der die freie Entfaltung
der Wirtschaft befürwortet, jedoch gegen die Demokratie ist.
In einem Brief an die Familie lässt sich erahnen, dass für
den 18-jährigen Büchner Politik und Geschichte nicht mehr
als eine Mischung aus Pathos, Strategie und menschlicher Schwäche
sind.
Leben in Gießen
Im August 1832 wechselt Büchner auf Bitten seiner
Eltern an die Universität in Darmstadt, die er nach drei Monaten
wieder verlässt, um nach Gießen zu gehen.
Seitdem er Straßburg verlassen hat, beschäftigen ihn
drei Fragen:
Soll er das Studium weiterführen?
Soll er die Verlobung mit Minna der Familie offen legen?
Soll er politisch aktiv werden?
Das Jahr 1834 beantwortet alle seine Fragen.
Mit seinem Freund August Becker gründet er die "Gesellschaft
für Menschenrechte". Des Weiteren lernt er Friedrich
Ludwig Weidig, den Herausgeber einer illegalen Zeitschrift, kennen,
mit dem er das politische Flugblatt "Der Hessische Landbote"
verfasst. Dessen Ziel ist es, den Lesern die Dreistigkeit des Unrechts
bewusst zu machen, mit der Hoffnung auf politische Bildung, denn
wer versteht, dass er im Unrecht lebt, wird diesen Zustand ändern.
Man erkennt, dass Büchners Ziele eher egalitär und sozialistisch
als republikanisch waren. Weidig verfügt über die organisatorischen
Mittel, während Büchner seine Chance wahrnimmt, endlich
politisch aktiv zu werden. Mit dem Unterschied, dass Weidig das
Volk eher als Mittel zum Zweck ansieht, Büchner dagegen die
Menschen in den demokratischen Prozess direkt miteinbeziehen möchten.
Diese Ereignisse, eine heimliche Reise nach Straßburg,
die Offenlegung seiner Verlobung, auf die sein Vater verbittert
reagiert, und die Entscheidung eines wissenschaftlich-akademischen
Studiums werfen den jungen Studenten in eine Identitätskrise.
In dem Brief vom 8. März 1834 an Wilhelmine schreibt er:
"Der erste helle Augenblick seit acht Tagen. Unaufhörliches
Kopfweh und Fieber, die Nacht kaum einige Stunden dürftiger
Ruhe. Vor zwei Uhr komme ich in kein Bett, und dann ein beständiges
Auffahren aus dem Schlaf und ein Meer von Gedanken, in denen mit
die Sinne vergehen (...)Und doch bin ich gestraft, ich fürchte
mich vor meiner Stimme und – und vor meinem Spiegel. Meine
geistigen Kräfte sind gänzlich zerrüttet. Arbeiten
ist mir unmöglich."
Durch seine politischen Aktivitäten fällt
G. Büchner der Justiz ins Auge. Er flieht, nachdem sein Zimmer
durchsucht wurde, nach Straßburg, wo er sich am 6. März
1835 unter dem Namen Jacques Lutzius bei den Behörden anmeldet.
In dieser Zeit beginnt er an "Dantons
Tod" zu arbeiten. Gleichzeitig erlebt
das Land Hessen eine Verhaftungswelle von "politischen Unruhestiftern",
bei denen Georg Büchner wahrscheinlich als Fluchthelfer tätig
war. Während dieser eineinhalb Jahre, bis zu seiner Übersiedlung
nach Zürich im Oktober 1836, lebt er relativ zurückgezogen.
Er bekommt eine Anstellung als Übersetzer bei dem Verlag "Sauerländer".
Dennoch ist er auf finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen.
Zwischen April und November entsteht die Dichternovelle "Lenz".
Trotz geflissentlichen Zuspruchs von seinem Bekannten Karl Gutzkow
(Schriftsteller), sich als freier Schriftsteller zu etablieren,
ist sich Büchner der Schwierigkeiten bewusst, wenn er sich
ausschließlich vom Schreiben ernähren würde. Dichter,
die sich nur vom Schreiben finanzieren, sind in der ersten Hälfte
des 19. Jhd. kaum vorhanden.
So schreibt er sich in die Züricher Universität ein, um
Philosophie und Anatomie zu studieren, wo er schließlich mit
einer Studie über das Nervensystem der Barben (Fische) promovierte.
In einem Brief an die Familie schreibt er am 2. November 1835.
"Aus der Schweiz habe ich die besten Nachrichten. Es wäre
möglich, dass ich noch vor Neujahr von der Züricher Fakultät
den Dokterhut erhielte, in welchem Fall ich alsdann Ostern anfangen
würde, dort zu docieren. In einem Alter von zwei und zwanzig
Jahren wäre das alles, was man fordern kann."
Nachdem er die Dokterarbeit abgeschlossen hat, fängt
er an sich intensiv mit der Philosophie zu beschäftigen. Während
der Bereich der griechischen Philosophie seinem privaten Gebrauch
galt, so verwendete er die cartesische-spinozistische Philosophie
für den Vorlesungsgebrauch.
Hinzu kam die Beteiligung an einem literarischen Wettbewerb des
Cotta- Verlags, bei dem das "beste Lustspiel in Prosa oder
Versen" gesucht wurde. Es entsteht "Leonce und Lena",
vermutlich innerhalb von vier Wochen im Juni 1836.
Jedoch bleibt er aus dem Wettbewerb ausgeschlossen, da seine Einsendung
nicht fristgerecht eintrifft.
Etwa in denselben Entstehungsraum wie "Leonce
und Lena" fällt das Drama "Woyzeck",
welches erst 42 Jahre nach seinem Tod von Karl Emil Franzos auf
veröffentlicht wurde: Entstehungsgeschichte
Erkrankung und Tod
In Zürich findet Georg eine Anstellung als Privatdozent
an der Hochschule. Ende November 1836 berichtet er seinem Bruder
Wilhelm:
"Ich sitze am Tage mit dem Skapell und die Nacht
mit den Büchern."
Er arbeitet ohne Unterbrechung und sehnt sich nach
Minna. In einem Brief an sie schreibt er:
"Ich sehe dich immer so halb durch zwischen Fischschwänzen
und Froschzehen (...)"
Ende Januar 1837 erkrankt Büchner an einer Grippe
und muss das Bett hüten. Am 15. Februar diagnostiziert der
Arzt Typhus. Zu Fieber und Durchfall kommen schließlich Delirien
und die für den Krankheitsverlauf typisch verzerrte Mimik.
Am 17.2 trifft Minna bei ihm ein, er erkennt sie jedoch nicht mehr.
Am 19. Februar 1837 stirbt Georg Büchner, mit gerade mal 23
Jahren.